Biographiearbeit – Spurensuche im Lebensmuster

von Helena

Biographiearbeit

Spurensuche im eigenen Lebensmuster

Das menschliche Leben verläuft in Entwicklungsrhythmen, in denen sich Früheres in Späterem spiegelt. Lebensthemen können sichtbar gemacht und bearbeitet werden. Die Fragen setzen dabei einen Erinnerungsprozess in Gang. In Späterem spiegelt sich Früheres und will auf unterschiedlichen Ebenen bearbeitet
werden.
Lebensthemen können so sichtbar gemacht werden, auch Entwicklungsstörungen, Unbearbeitetes. Wo findet sich der rote Faden? Wo haben sich Knoten, Stauungen gebildet? An welchen Wendepunkten stehen wir?
Biographiearbeit ist die Beschäftigung mit den gesetzmäßigen Rhythmen des Lebens und den eigenen Lebensthemen. „Biographiearbeit“ ist kein geschützter Begriff, es gibt unterschiedliche Ansätze, zum Beispiel das Konzept von Gudrun Burkhard, auf anthroposophischer Grundlage. Dieses möchte ich hier vorstellen.

In der praktischen Biographiearbeit werden anhand von Fragen, die in einem Verhältnis zu den Jahrsiebt-typischen Themen stehen, die wesentlichen Dinge, die sich im Leben ereignen, hervorgeholt. Diese Fragen setzen dabei einen Erinnerungsprozess in Gang.
Es geht dabei aber nicht nur um objektive Geschehnisse wie Berufs- oder Studienwahl, Berufs- oder Ortswechsel, Partnerwahl und so weiter, sondern auch um die Gefühle, Wünsche, Hoffnungen und Ängste, die damit verbunden sind.

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Wer bin ich, worum geht es in meinem Leben wirklich?

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Wo ist der rote Faden?

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An welchen Wendepunkten stehe ich?

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Wo liegen meine Blockaden?

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Was sind meine Talente, meine Potentiale?

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Wer bin ich jetzt? Wer möchte ich sein?

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Was sind meine Entwicklungsmöglichkeiten und was muss ich dafür tun?

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Was sind meine Lebensthemen?

Biographiearbeit ist eine Methode zur Orientierung im Lebenslauf und kann helfen, einen neuen Aufbruch zu realisieren. Biographiearbeit bedeutet persönliche Entwicklungsarbeit und hilft, Vergangenes zu beleuchten, die Gegenwart zu verstehen und neue Impulse für die Zukunft zu bekommen. Biographiearbeit kann auch für ältere Menschen eine Hilfe sein, ihr Leben in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten und Frieden mit den scheinbaren Niederlagen und Fehlentscheidungen zu schließen und sie als wertvollen Baustein zu betrachten.
Methoden:

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Mündliche und schriftliche Arbeit zu Fragen zur Biographie (Fragebogen)

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Gemeinsame Besprechung und Einordnung der Phänomene

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Künstlerische Übungen (malen, arbeiten mit Collagen, Zeitreisen etc.)

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Übungen zur Vertiefung

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Entwicklung von Zielen und Zukunftsvisionen – auch zum Beispiel Frieden zu schließen mit Menschen und belastenden Erfahrungen

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Schaffung eines Gesamtbildes des Lebenslaufes

Zur anthroposophisch orientierten Biographiearbeit

Biographiearbeit ist ein Bereich, der zum einen noch eine relativ neue Disziplin ist, zum anderen handelt es sich auch um ein weites Feld. – Biographien, biographisches Erzählen ist sehr beliebt und weit verbreitet. Ob es sich um Unterstützungsgespräche unter Freunden handelt, bei denen aktuelle Probleme in den Kontext vergleichbarer Erfahrungen gestellt werden, die der beratende Freund aus dem Leben des Hilfesuchenden kennt, ob es sich auf der oberflächlichen Unterhaltungsebene abspielt oder bei einer Gedenkrede -, so unterschiedlich diese Bereiche auch sind, immer geht es doch um den Versuch, eine Biographie einzuordnen oder zu verstehen. In der Psychologie und Psychotherapie spielt Biographiearbeit ebenfalls eine tragende Rolle, unabhängig von der jeweiligen Schule, nach der sie betrieben wird. Hier geht es im folgenden um anthroposophisch orientierte Biographiearbeit.

Biographiearbeit dieses Hintergrundes als eine eigenständige Disziplin wurde im deutschsprachigen Raum vor allem durch Gudrun Burkhard bekannt. Gudrun Burkhard wurde als Tochter deutscher Eltern in Brasilien geboren, wo sie auch heute noch lebt. Sie arbeitete als Ärztin, baute in Sao Paulo die Tobias-Klinik und später das Biographiearbeits-Zentrum Artemisia, auch in Sao Paulo. Vielfach war sie in Deutschland und der Schweiz unterwegs und gab seit 1977 Biographiearbeitskurse und initiierte die Ausbildungsstätte für Biographiearbeiter in Arlesheim, Schweiz. Gudrun Burkhard entwickelte aus den geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen Rudolf Steiners eine Arbeitsweise der anthroposophischen Biographiearbeit. Sie leistete neben Bernhard Lievegoed Pionierarbeit auf dem Gebiet der systematischen Aufschlüsselung der Biographie. Systematisch – das hört sich sehr technisch an, klingt sehr nach Arbeit und Anstrengung. Aber die Betrachtung der Lebensrhythmen, Entwicklungsabschnitte, deren Themen in verwandelter Form wieder in Erscheinung treten können, erfordert eher Achtsamkeit im Umgang. Der behutsame Umgang mit den ermittelten Ereignissen, Begegnungen, Entscheidungen, Krisen etc. entspricht aber eher einem künstlerischen Prozess. In einer seminaristischen Arbeit kann dabei auch ein soziales Kunstwerk entstehen.

Das menschliche Leben verläuft nach diesen Erkenntnissen in wesentlichen Bereichen in Entwicklungsrhythmen von ca. 7 Jahren, in denen sich die physische, seelische und geistige Entwicklung bewegt. In Späterem spiegelt sich Früheres, das auf unterschiedlichen Ebenen bearbeitet wird. Lebensthemen können so sichtbar gemacht werden, auch Entwicklungsstörungen, Unbearbeitetes.

Die erste Lebensphase dient vor allem der Entwicklung des physischen Leibes, der genetisch von den Eltern übernommen wurde. Die physische Existenz der Individualität muss “angeeignet“, sich zu eigen gemacht werden. Das Kind ist zunächst völlig den äußeren Eindrücken ausgesetzt, ist von ihnen abhängig. Erste Abgrenzung gegenüber der Welt geschieht, wenn das Kind lernt, „Ich“ zu sich zu sagen. Im 1. Jahrsiebt lernen wir durch Nachahmung. Da noch wenig Möglichkeit zur inneren Abgrenzung besteht, fließt die Umwelt ungefiltert mit Werten, Normen, Klischees usw. in uns hinein und setzt sich fest.

Im 2. Jahrsiebt, beginnend mit dem Zahnwechsel, werden nicht mehr alle Lebenskräfte für die physische Entwicklung gebraucht, obwohl sie natürlich noch weiter geht. Beziehungsfähigkeit oder –unfähigkeit finden im 2. Jahrsiebt ihre Anlagen. Auch wenn die Nachahmung noch eine gewisse Rolle spielt ist es doch vor allem die Auseinandersetzung mit Autoritäten und das Lernen an ihnen, die diese Lebensphase prägen. Stärker/schwächer, besser/schlechter usw. – das Kräftemessen mit Mitschülern, Freunden spielt eine große Rolle, ebenso aber das Autoritätsumfeld. Waren Eltern und Lehrer streng oder eher freilassend, war der Rahmen, in dem sich das Kind bewegen konnte, reglementiert oder gab es Raum zur Entfaltung der Persönlichkeit? Wurde das Kind gefördert, ermutigt oder blockiert? Solche und ähnliche Erfahrungen haben größte Auswirkung auf unser späteres Leben.

Von 14-21 nimmt neben physischer Entwicklung und seelischer die geistige Entwicklung einen breiten Raum ein. Ein kritisches, prüfendes Bewusstsein entwickelt sich. Was ist wahr, was ist authentisch? Sind die Fragen dieser Zeit. Nur das hat Bestand, das glaubwürdig vermittelt wird. Die Frage des Freiraums zur persönlichen Entwicklung wird jetzt noch wichtiger. Wie findet die Orientierung in der Welt statt? Hobbies, Wahl der Studienrichtung oder des Berufes: wie werden sie getroffen? Was hat mich begeistert, wofür habe ich mich eingesetzt? Welche Ideale und Vorbilder hatte ich? Positive und negative Begegnungen hinterlassen ihre Spur.

Mit gut 18 ½ Jahren treffen wir auf den ersten Mondknoten, d. h. die Sternkonstellation unseres Geburtshoroskops wiederholt sich. Der Mondknoten wird gern auch als Fenster bezeichnet. Das, was wir bei der Geburt an Intentionen mitgebracht haben, was wir uns für diese Inkarnation vorgenommen haben, kann durchscheinen, sich Gehör verschaffen wollen. Haben wir auf diese leise innere Stimme gehört?

Die dem 21. Lebensjahr folgenden Jahrsiebte weisen in der physischen Entwicklung weniger Spektakuläres auf. Dafür ist nunmehr Eigeninitiative gefragt. Gudrun Burkhard gebraucht das Bild vom Rucksack, den man von Zuhause mitbekommen hat und der nach und nach ausgepackt wird. Manche Dinge sind kostbar und wunderschön wie Kristalle, manche nützliche Wegzehrung. Aber es kann auch so einiges im Rucksack liegen, das man nicht verwenden kann oder möchte, das nur belastet. Das sollte nun in den Jahrsiebten weggearbeitet werden. Nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen dienen die nächsten Jahre von 21-42 vor allem der seelischen Entwicklung, die weiteren Jahre bis 63 der geistigen. Das bedeutet nicht, dass nicht auch vor dem 21. Lebensjahr oder nach dem 42. Seelische Entwicklung statt finden, oder vor dem 42. geistige, sondern die Schwerpunkte dieser Entwicklungen sind in diesen Zeiträumen zu finden. – Es soll hier nur die Richtung angezeigt werden, in der die Arbeit an der Biographie geleistet werden kann.

In der praktischen Biographiearbeit werden anhand von Fragen, die in einem Verhältnis zu den Jahrsiebt-typischen Themen stehen, die wesentlichen Dinge, die sich im Leben ereignen, hervorgeholt. Die Fragen sollen dabei nur Anregung geben, einen Erinnerungsprozess in Gang setzen. Es geht aber nicht nur um objektive Geschehnisse wie Berufs- oder Studienwahl, Berufs- oder Ortswechsel, Partnerwahl etc. sondern ebenso um die damit verbundenen Gefühle, um Begegnungen, Hoffnungen und Enttäuschungen, um Vorlieben, Ideale, Wünsche usw.

Wenn nun die Jahrsiebte bis zur Gegenwart auf diese Weise vergegenwärtigt wurden – das kann allein, in der Beratungsarbeit oder im Rahmen eines Seminars geschehen -, lässt sich auf verschiedene Weise anschließen. Zum Beispiel lassen sich die Abschnitte im Bild darstellen, durch ein Symbol ausdrücken oder unter ein Motto stellen. Da sind der Ideenfindung keine Grenzen gesetzt.

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p align="justify">In einem kurzen Biographiearbeits-Kurs ist es nur möglich, Themen anzuschneiden, Schwerpunkte beim Einzelnen herauszuarbeiten. Es wird versucht, Fragen an die Jahrsiebte zu stellen und im gegenseitigen Teilhaben lassen an den gewonnenen Antworten die eigenen Einsichten zu erweitern. Manchmal kann der Blick eines Unbeteiligten die Zusammenhänge erkennen, die dem Betroffenen verborgen bleiben, weil er zu „nahe dran“ ist. Dann können die Teilnehmer einander Geschenke machen durch ein Wort, ein Bild, eine Stimmungsempfindung. Dabei ist es wichtig, keinerlei Wertungen vorzunehmen und gute Ratschläge zu vermeiden. In einer Atmosphäre des Vertrauens können die Einblicks-Geschenke betrachtet und verwendet werden – oder auch nicht.

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